Das Wetter zeigt sich von seiner langweiligen Seite, als ich in Schöneweide losgehe. Es ist bedeckt, aber warm. Es soll ein gewöhnlicher Spaziergang werden. Ich möchte die Gegend ein wenig genauer kennenlernen. Das Ziel ist noch unklar, die Fotomotivation gering.
Die interessanten Gebäude und Ecken nehme ich zur Kenntnis. Aber das war's auch schon. Die Orte landen in der imaginären Zukunftsschublade. Und die Kamera bleibt im Rucksack. Von Westen her wird der Himmel immer dunkler. Für einen Wolkenbruch bin ich heute nicht ausgestattet. Am S-Bahnhof Karlshorst angekommen bricht die Sonne durch die Wolken, während die ersten Tropfen den Boden erreichen. Es bleibt bei den wenigen Tropfen, obwohl es bedrohlicher aussieht. Mittlerweile hüllt die Sonne den Abend in ein angenehmes, fast herbstliches Orange. Die grauen, schweren Wolken bilden einen kräftigen Kontrast dazu.
Mit dem Licht kommen die Fotomotive, mit denen wiederum die Fotomotivation. Ein wirklich interessanter Ort, die Gegend um den S-Bahnhof herum. Anfangs bin ich noch träge, schaue mich etwas genauer um - mache nur einige Schnappschüsse. Zukunftsschublade eben.
Mit der S-Bahn kürze ich ab in Richtung Ostkreuz. Hier ist wie immer Trubel. Wildes Menschengewirr, hektisches Treiben. Ganz im Gegenteil zu Karlshorst an einem Sonntagabend. Über der Stadt sieht man dicke Schlieren herabregnen. Kurz darauf schon beginnen Blechdach und die dünnen Scheiben laut zu klackern. Ich stehe in der neu gebauten Überführung am Ostkreuz. Die Hagelkörner finden ihren Weg durch die Lüftungsschlitze. Die Sonne hingegen bleibt wo sie ist.
Als es nur noch leicht nieselt, trete ich den Heimweg an. Die Kamera ist im Anschlag.
Das ist die Wiedergeburt einer schon vor längerer Zeit aufgeflammten Idee, der eigentlichen Idee hinter umhergeschweift: Ein Vorwand, sich regelmäßiger mit der Fotografie, der Lebensumgebung, der Stadt und den Menschen auseinanderzusetzen. Eine kleine Hommage an das Gewöhnliche, verpackt in ein kleines privates Lernprojekt, das über die Hobbyfotografie hinweg Gelegenheit gibt, sich auch mit dem Technischen des Webs auseinanderzusetzen. Ohne öffentlichen oder künstlerischen Anspruch.
Wohin die Reise geht, wird sich zeigen. Hier ist die Reise aber wirklich schon das Ziel...
