Fähren sind fotografische Abenteuerspielplätze. Die Reise mit der M/F Wawel bestätigt den Eindruck, den ich auf der Moby Zaza auf unserer Reise nach Korsika bekommen habe. Wo das Blau oder Weiß der Farbe abplatzt, finden sich rostrote Stellen und rostige Schlieren, die vom Regen verwaschen wurden. Man kann die Schweißnähte durch die dicken Farbschichten hindurch sehen und Stellen erkennen, die unzählige Male übermalt wurden. Wichtige Gegenstände und Türen heben sich in einem Grellorange ab vom Rest des Schiffes.
Jede Tür, jedes Objekt aus schwerem Stahl hat scharfe Kanten. Und wenn die Sonne senkrecht steht, entstehen spannende scharfe Kontraste. Auch jetzt haben wir Glück mit dem Wetter. Beim Ablegen der Fähre in Gdańsk weht nur ein schwacher Wind und an Deck ist es warm und sommerlich. Das Festland wirkt diesig und fad, je weiter es sich von uns entfernt. Schiffsdeck, Meer und Himmel gehen Ton in Ton ineinander über.
Es fällt uns schwer einzuschätzen, wie viele Passagiere an Bord sind. Gefühlt sind es aber deutlich weniger als auf der Fahrt von Genua nach Korsika. Umso überraschter sind wir, dass die Wawel deutlich größer als die Zaza ist. Es sind auch wenige Personen auf dem Außendeck, wenn man davon ausgeht, dass die Fähre eigentlich fast ausgebucht sein soll.
Nur wenige Familien sehen wir hier. Wenige Pärchen, einige in unserem Alter. Es scheinen zu dieser Zeit vorwiegend Gruppen aus Männern auf dieser Fähre zu reisen. Scheinbar polnische Arbeiter, die in Skandinavien Arbeit gefunden haben. Das Bier fließt im Akkord, der Ton ist rau. Einige Menschen tragen Kutten mit der Aufschrift "Hells Angels".
Die wenigen Personen an Deck halten sich größtenteils auf den Holzbänken auf. Die eine Hälfte ist für Gäste der Grill-Bar reserviert. Hier gibt es Essen und Getränke - vorwiegend Bier - zu erschwinglichen Preisen. Die andere Hälfte ist für alle zugänglich. Hier mischen sich unter die Gäste der Grill-Bar Familien und Paare. Einige packen ihre mitgebrachte Verpflegungspakete aus. Andere spielen Spiele oder träumen, wie wir, in der Gegend herum.